Postones Text aus den 1970er/80er Jahren zum Verhältnis von Antisemitismus und Nationalsozialismus ist zwar relativ unbekannt geblieben, hatte aber als Grundlagentext in den späteren Diskussionen um „strukturellen Antisemitismus“ und „verkürzte Kapitalismuskritik“ eine große und bleibende Wirkung.
Der Text enthält drei zentrale Thesen, die in der Diskussion besonders berücksichtigt werden sollen: 1.) er zeigt, dass Antisemitismus nicht einfach eine spezielle Form des Rassismus ist, sondern sich zu diesem eher komplementär verhält 2.) der Antisemitismus des Nationalsozialismus war nicht ein eigentlich ungeglaubtes Propagandaelement um die Massen aufzustacheln oder Legitimationsgrund um den Besitz von JüdInnen zu rauben, sondern zentrales ideologisches Element des Nationalsozialismus ohne den sich weder der deutsche Kriegsverlauf noch der Holocaust/die Shoah sinnvoll erklären lässt 3.) der Antisemitismus ist keine Ideologie deren Form und Inhalt willkürlich und unerklärlich ist, sondern er lässt sich aus den Grundformen der kapitalistischen Gesellschaft (Warenform/Wertform) heraus begreifen.
Während die ersten zwei Thesen relativ leicht verständlich sind, bereitet die dritte oft die größten Probleme. Leider wird gerade diese These oft falsch oder nur unzureichend verstanden, weshalb wir in diesem Rahmen neben den üblichen Missverständnissen auch über Sinn und Unsinn von Begriffen wie „strukturellem Antisemitismus“ und „verkürzte Kapitalismuskritik“ diskutieren wollen.
Postones Text gibt es in verschiedenen Varianten. Wir werden die Variante, die im Buch „Deutschland, die Linke und der Holocaust“ erschienen ist diskutieren. Sie ist auch online abrufbar unter: https://www.ca-ira.net/verlag/leseproben/postone-deutschland_lp/
Um an der Textdiskussion teilzunehmen ist es wichtig den Text vorher zu lesen. Die Textdiskussion wird so ablaufen, dass wir die drei Thesen einzeln und anhand des Textes durchbesprechen.